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Bericht von Dominik aus Hurlingham, Buenos Aires

Freiwilligendienst an der Förderschule „Ángel de la Guarda“

Argentinien – ein unfassbar interessantes Land, wie ich auf meiner einmonatigen Reise, die mich von Buenos Aires bis Feuerland und wieder zurückführte, festgestellt habe. Neben seiner Gastfreundlichkeit zeichnet Argentinien seine extrem vielfältige Natur aus, die von Ski- und Wandergebieten in Andennähe, bis hin zu subtropischem Regenwald in Puerto Iguazú an der Grenze zu Brasilien, reicht.

Nach der Reise war ich deshalb umso gespannter darauf, in das alltägliche Leben eines Vorortes von Buenos Aires einzutauchen. Besagter Vorort, in dem ich an der Förderschule „Ángel de la Guarda“ für drei Monate mitwirken würde, hieß Hurlingham, liegt westlich der Hauptstadt und verdankt seinen Namen den britischen Einwanderern. Da neben den reichen britischen Einwanderern im Zentrum Hurlinghams auch viele Kinder auf der Straße oder unter verwahrlosten Umständen aufwachsen, gründete Padre Julio Grassi, ein argentinischer Pfarrer, im Jahre 1993 die Stiftung „Felices los Niños“, die mittlerweile über ein großes Gelände verfügt, das neben Kindergärten, Grundschulen, Sekundarschulen und einem Kinderheim, auch die Förderschule „Ángel de la Guarda beherbergt.

Wörtlich übersetzt müsste man bei „Escuela Especial“ allerdings, nicht wie im Deutschen von Förderschule, sondern von Spezialschule sprechen. Genau das ist die Schule auch und genau das ist, was die Kinder im Alter von 6-20 Jahren brauchen: spezielle Förderung. Das fängt beim Umgang der Lehrer und Betreuer mit den Kindern an, die ein teils familiäres oder emotionales Verhältnis zu den Schülern haben, da diese zu Hause oder im Heim keine Nähe und Zuneigung erfahren, eine psychosomatische Störung oder geistige Behinderung haben.

Natürlich war ich als Ausländer etwas Außergewöhnliches, nicht zuletzt weil ich teils kaum älter beziehungsweise jünger als die Schüler war und deshalb anfangs für einen Schüler gehalten wurde. Trotzdem wurde ich sehr herzlich von den Lehrern begrüsst und die Kinder waren vom ersten Tag an sehr neugierig und haben mich viel über meine Heimat und mich als Person gefragt. Die Schule selbst ist in zwei Teile gegliedert. Auf der einen Seite in die Primarstufe, die die erste bis sechste Klasse beinhaltet und den sogenannten C.F.I. für die älteren Schüler im Alter von 14 – 20 Jahren. C.F.I. steht für „Centro de Formación Integral“ und bedeutet soviel wie „Zentrum zur integrativen Förderung“, womit gemeint ist, dass die Fähigkeiten der Kinder geschult werden, die ihnen helfen, später einen normalen Job zu finden. Hier findet also kein normaler Unterricht statt, wie ich es gewohnt war und erwartet hatte. Umso besser, denn so war man fast immer in Bewegung und konnte sich irgendwo einbringen. Statt des normalen Unterrichts werden nämlich handwerkliche und landwirtschaftliche Fähigkeiten teils theoretisch, aber größtenteils praktisch vermittelt, um die Schüler auf eine spätere Laufbahn zum Beispiel als Automechaniker oder Tischler vorzubereiten. Vor allem soll es aber darum gehen, die kognitiven Fähigkeiten der Schüler zu schulen. Deswegen verfügt die Schule zum Beispiel über ein kleines Feld das von den Schülern in Zusammenarbeit mit dem Lehrer bewirtschaftet wird. Außerdem besitzt die Schule eine kleine Werkstatt mit sämtlichen Geräten zur Holzverarbeitung.

Ab sofort arbeitete ich montags bis freitags von 8 Uhr bis 16 Uhr am Vormittag im Bereich „Agropecuario (Land- und Viehwirtschaft)“ und nachmittags im Bereich „Construcciones (Werkstatt)“. In den Tag wird um 8 Uhr morgens, wie könnte es in Argentinien anders sein, mit Mate Cocido und Brot gestartet. Die weiteren Aktivitäten der etwa 10 Schüler großen Gruppe, bis zum Mittagessen um 12 Uhr hängen dann maßgeblich vom Wetter ab, da man zum Beispiel sowohl aus gesundheitlichen als auch landwirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht bei Wind und Wetter auf dem Feld arbeiten kann. In solchen Fällen werden zum Beispiel aus diversen Früchten wie zum Beispiel der Orange, Birne oder Quitte, Marmeladen gekocht. Aber auch in Deutschland weniger bekannte Gewächse, wie die Kumquat (Zwergorange) oder die Süßkartoffel kommen hier gezuckert und gekocht ins Einmachglas. Alles was hier hergestellt wird, wird verkauft und das Geld zugunsten der Schule eingesetzt.

Zum Beispiel wird eine große Plastikplane gekauft um eine bestehende Metallkonstruktion zu überspannen und so optimale Bedingungen für das Wachstum von Salat, Zwiebeln oder Mangold zu gewährleisten. Aufgrund der Menge und Vielfalt der Aufgaben gibt es meist für jeden etwas zu tun und es kommt erst recht keine Langeweile auf. Wenn dann mal nicht Marmelade hergestellt oder das Feld bearbeitet wird, wird kurzerhand ein Gasherd für zwei große Töpfe, aus einem alten Bettgesell, einem kleinen Campingkocher und allerlei altem Metall zusammengebaut. Somit wird die kleine Küche der Schule nichtmehr weiter während des Marmeladenkochens blockiert. Kosten: 0 Euro, denn Wiederverwertung wird hier großgeschrieben und in die Tat umgesetzt.

Pünktlich um halb zwölf wird dann das Essen für die insgesamt etwa 50 – 60 Schüler auf großen Blechen mit einem kleinen Wägelchen aus der Küche der Sekundarschule einige Meter weiter abgeholt.

Nach dem Essen, ab etwa halb eins, geht es für eine andere Gruppe, die teils wechselnde Schüler hat, in der Werkstatt weiter. Insgesamt ist die Atmosphäre sehr locker und alles wirkt zwanglos, allerdings im positiven Sinne. In besagter Werkstatt verläuft alles nach einem ähnlichen Prinzip wie schon im anderen Raum und auf dem Feld. Es soll ein Produkt entstehen, an dem die Kinder mitwirken und es anschließend verkaufen. So entstehen zum Beispiel aus altem, wiederverwertbarem Holz kleine Bänkchen, Puppenbetten, Spielzeugautos oder Serviettenständer. Um eben diese Dinge herstellen zu können, besitzt die Schule neben Bohrmaschinen, einer Stichsäge und einer Kreissäge dank Ayuda e.V. mittlerweile auch ein Kombigerät aus Kreissäge, Schleifmaschine und Bohrmaschine, das die Verarbeitung des Holzes um einiges erleichtert. Zudem kommt hier auch morgens die von Ayuda gespendete Popcornmaschine zum Einsatz. Das produzierte Popcorn wird sowohl im eigenen Kiosk, als auch in den Kiosken des ganzen Geländes verkauft.

Insgesamt kann ich jedem, der eine große Portion Geduld mitbringt und Spaß an der Arbeit mit Jugendlichen hat, nur empfehlen, eine Zeit lang an dieser Schule zu verbringen und mitzuwirken. Wer hier etwas von seinen Fähigkeiten, welcher Art auch immer, einbringt, bekommt unglaublich viel von den Kindern und Jugendlichen zurück, was das größte Geschenk ist und für mich genau das Richtige war.

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Eckdaten

Ort: Provinz Buenos Aires
Jahr: 2014
Dauer: 3 Monate
Freiwilliger: Dominik Ley